FASER

 

Im internationalen Sprachgebrauch werden die Haare von Neuweltkameliden (Alpaka, Lama, Vikunja, Guanako) als "Fasern" bezeichnet und den feinen Tierhaaren zugeordnet, zu denen auch z.B. Mohair, Kaschmir, Angora, Kamel und Yak gehören. Das Kamel ist der erste nachweislich erfasste Wollerzeuger überhaupt.

 

Unter "Wolle" wird nur das Vlies von Schafen verstanden.

 

Archäologische Funde weisen auf eine über 4000 Jahre alte Geschichte der Nutzung der Fasern von NWK in Südamerika. Die allgemein übliche Nutzungseinteilung in Lamas als Lasttiere und Alpakas zur Fasererzeugung erscheint vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse zweifelhaft. Untersuchungen an 900-1000 Jahre alten mumifizierten Lamas und Alpakas im südlichen Peru ergaben, dass ursprünglich Lamas mit sehr feinen Fasern existiert haben. Diese Anlage ist offenbar durch die spanische Kolonialisierung verloren gegangen. Auch die kolonialen, historischen Quellen verweisen eher auf spezialisierte Zuchtrichtungen, die zur Fasernutzung herangezogen wurden, als auf die Nutzung unterschiedlicher Tierarten.

 

Bei der Vermarktung wird häufig nicht zwischen Alpaka- und Lamafaser unterschieden und z.T. eine Mischung angeboten. Von der gesamten Weltproduktion an Wolle entfällt nur 0.1 % auf Alpaka/Lamafasern. Der grösste Teil kommt aus den Ursprungsländern: 90% aus Peru, der Rest aus Bolivien, Argentinien und Chile.

90% der Fasern werden in kleinbäuerlichen Betrieben erzeugt. In Peru stammen nur etwa 3.5% der Kamelidenfasern von Lamas.  Meist erfolgt die Aufbereitung der Rohware in Südamerika, Garn- und Textilherstellung eher im Ausland. Die Faser wird überwiegend nach Italien (40%), Deutschland (10%), Grossbritannien (20%) und Japan (15%) exportiert, 15% in andere Länder. Seit ca.1830 hat sich die industrielle Verarbeitung entwickelt. Möglicherweise wurde Alpakafaser ursprünglich als Ersatz für Mohair nach Grossbritannien eingeführt. Heute werden die Fasern in Europa zur Erzeugung hochwertiger Luxustextilien verwendet.

 

Alpakahaare haben im Aufbau einige "Spezialitäten". Im Querschnitt zeigt sich, dass die Faser nicht völlig rund, sondern häufig elliptisch sind.

Die Form und Anordnung der Schuppen auf der Haaroberfläche ist tierartspezifisch. Für die Textilverarbeitung ist diese Schicht bedeutsam, da ihre Struktur u.a. die Filzeigenschaften und das Eindringen von Farbstoffen bestimmt.

Deutliche Unterschiede bestehen zwischen den Schuppenformen der beiden Alpakatypen:

 

Suri: langgestreckte, eng anliegende Schuppen mit Längsrillen. Der Glanz der Surifasern kann durch diese spezielle Schuppenstruktur erklärt werden.

 

Huacaya und Lama: weisen eine sehr ähnliche Schuppenstruktur auf. Die zylindrischen Zellen liegen eng aneinander. Sehr feine Alpakafasern können Aehnlichkeiten mit Schafwolle und Kaschmir aufweisen.

 

Vikunjafasern können deutlich unterschieden werden.

12 – 15 Micron, Wachstum pro Jahr ca. 1 cm  (1/3 inch), weniger als ½ Pfd. Gewicht pro Vlies

 

 

Anders als beim Schaf sind bei NWK die meisten Fasern hohl. Dieser entlang der Haarachse verlaufende Hohlraum kann geschlossen oder unterbrochen ausgebildet sein. Dies erklärt die besondere Leichtigkeit der Fasern im Verhältnis zum Volumen.

 

Die natürliche Farbskala ist bei NWK ist bemerkenswert umfangreich wie bei keiner anderen domestizierten Tierart. Bei den Alpakas sind 22 Naturfarben anerkannt, versch. Brauntöne von hellbeige bis dunkelbraun, Grautöne von weiss bis schwarz.

 

Aufgrund der Selektion in den Ursprungsländern auf weisse Farbe trat jedoch ein Verlust der genetischen Variabilität in den Farbgenen  ein, so sank z.B. in Peru der Anteil von farbigen Alpakas innert 30 Jahren von 60% auf 31%.

Durch die veränderte Nachfrage der Textilindustrie wird den natürlichen Farben, bei denen kein Färben erforderlich ist, seit einigen Jahren wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Die Farbvererbung bei den Alpakas ist weitgehend ungeklärt, bzw. es bestehen widersprüchliche Erkenntnisse dazu.

 

Bis zum Alter von 3 Jahren steigt in der Regel die Fasermenge an und sinkt danach allmählich wieder ab. Entscheidend für den Schur-Ertrag ist auch die Schurhäufigkeit. Bei einem einjährigen Schurintervall erhöht sich der Gesamtertrag um 25%. Auch die Dichtheit des Vlieses hat einen Einfluss auf das Gewicht des geschorenen Vlieses.

 

Beim Vergleich der Fasern verschiedener Tierarten fällt der ausserordentlich geringe Anteil an Fett und Schweiss bei den Neuweltkameliden  auf.

 

Das Längenwachstum ist bei Alpakas grösser als bei Lamas, bei den Suri's wachsne die Haare am Schnellsten, sie weisen die längsten Fasern auf. Der Haarwuchsist jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen, der Einfluss des Sonnenlichtes ist unumstritten.

 

Die feinste Fasern werden von jungen Tieren bei der ersten Schur erzielt. Bei Tieren über 3 Jahren nimmt der Faserdurchmesser deutlich zu. Männliche Tiere weisen in der Regel gröberes Haar auf als weibliche. Unterschiede auch an versch. Körperregionen.

Inca Group Einteilung:   Baby                20-22 Micron  (6% in Peru)

                                                           Superfine          25.5

                                                           Suri                  27

                                                           Adult                27.5

                                                           Huarizo 32

                                                           Llama   34

                                                           Coarse  34-36

 

Alpakafaser unterschiedet sich auch von Schafwolle, weil es nicht filzt. Das Filzen wird massgeblich von der Höhe der Schuppenkanten beeinflusst. Das handwerkliche Filzen mit Alpakawolle ist deshalb viel aufwendiger als mit Schafwolle.

 

Die Faser von Suri-Alpakas ist weniger elastisch und reissfest als die von Huacaya's.

 

In der europäischen Textilindustrie werden meist nicht reine Alpaka- bzw. Lamafasern verwendet, sie werden zur Verbesserung der Reissfestigkeit mit anderen Tierhaaren gemischt.

 

Die Funde der mumifizierten Lamas und Alpakas in Peru haben gezeigt, dass die Wollqualität damals unsere heutigen Tiere haushoch übertraf. Die Inka's waren überzeugt, dass eine qualitativ gute Wolle nur unter den klimatischen Bedingungen über 4'000 m erzielt werden kann. Tiere von damals mit schlechter Wolle hatten ein besseres Faserkleid als der Durchschnitt unserer "guten" Tiere heute.

 

 

Eigenschaften

 

Die Fasern von NWK und auch Wolle vermitteln wie kaum ein anderes Material eine angenehme Behaglichkeit. Die natürliche Kräuselung hat zur Folge, dass die zu Garn versponnene Fasern nie glatt aneinanderliegen können. Ein solches Kleidungsstück umschliesst somit immer eine grosse Luftmenge. Da ruhende Luft ein hervorragender Isolator ist, wird somit die Körperwärme erhalten, wenn es kalt ist, ebenso bietet es Schutz vor extremer Hitze.

 

Aufbau und Kräuselung der Faser sorgen aber auch dafür, dass sie, sosehr man sie auch dehnen und strecken mag, immer wieder in ihre urprüngliche Form zurückkehren will. Wie dehnbar und wie elastisch ein Kleidungsstück aus Wolle im Gebrauch ist, hängt von der Art seiner Verarbeitung ab – etwa davon, ob es gestrickt oder gewoben wurde. Ein Kleidungsstück, das aus unzähligen Maschen besteht, wird immer dehnbarer und elastischer sein als ein Gewebe. Ein Gewebe ist immer stabiler und somit formbeständiger!

 

Wolle ist ausserdem sehr feuchtigkeitsregulierend, das heisst, sie kann die Körperfeuchtigkeit bis zu einem hohen Masse (30%) im Faserinnern speichern, ohne sich dabei nass anzufühlen.

Das ist auch ein Grund dafür, warum sie sich schwer elektrostatisch auflädt. Sie hält Staubpartikel nicht fest und gibt sie bei der Reinigung problemlos wieder ab.

 

Schliesslich hat die Wolle die Eigenschaft, mit Farbstoffen eine besonders enge Verbindung einzugehen. Gefärbte Wolle ist in hohem Masse farbecht. 

 

Für die "Reinigung" von Produkten aus Alpakawolle genügt es meistens, sie im feuchten Nebel oder auch nur über Nacht an die frische Luft zu hängen!